OFFCUTS - Eine Modekollektion aus Pre-Consumer Waste
- Sonja Florian
- 9. Mai
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 5 Tagen
Motivation
Mir macht Mode Spass, und damit bin ich nicht alleine. Viele Menschen konsumieren und geniessen Kleider, Schuhe, Taschen und Trends.
Doch seit unsere Erde unter unserem extremen Konsumverhalten leidet, trägt jede Person die Mode konsumiert eine Verantwortung gegenüber Mensch und Umwelt, denn leider ist die Modebranche heutzutage stark von Fast Fashion und einer enormen Verschwendung von Ressourcen geprägt.
Fast Fashion bezeichnet ein Geschäftsmodell in der Modeindustrie, welches das extreme Konsumverhalten unserer Gesellschaft ausnutzt und darauf ausgelegt ist, Kollektionen schnell und günstig zu verkaufen. Während grosse Modeketten dadurch reicher und reicher werden, müssen Qualität der Produkte, faire Arbeitsbedingungen sowie nachhaltiger Umgang mit Ressourcen und Umwelt hinten anstehen.
Da ich mir meiner Verantwortung bewusst bin, setze ich mich schon früh mit dem Thema nachhaltiger Mode auseinander und konsumiere fast ausschliesslich Kleider aus zweiter Hand. Für meine Maturaarbeit wollte ich einen weiteren innovativen Lösungsvorschlag für die nachhaltige Mode finden und bin so auf die “Offcuts” gestossen. Meine Motivation war es, einen Weg aufzuzeigen, wie Mode auch anders gestaltet werden kann – ohne die negativen Begleiterscheinungen der Massenproduktion und des übermässigen Konsums.
Was sind Offcuts?
Offcuts sind Stoffreste, die bei der Produktion von Kleidungsstücken anfallen. Sie entstehen, wenn Stoffe in bestimmten Formen für Kleidungsstücke zugeschnitten werden, und die übrig gebliebenen, oft unregelmässig geformten Teile nicht weiterverwendet werden. Diese Reste gehören zum sogenannten Pre-Consumer Waste, also zu Abfällen, die noch vor dem Verkauf an den Endkonsumenten entstehen. Ungefähr 60 Millionen Quadratmeter Stoff werden so jedes Jahr verschwendet. Das ist eine Fläche, die 150 mal so gross ist wie die Schweiz. Offcuts werden in der Modeindustrie oft als Abfall betrachtet, obwohl sie in vielen Fällen hochwertige Materialien darstellen, die noch weiterverarbeitet werden könnten. In meiner Maturaarbeit habe ich gezeigt, dass diese Stoffstücke kreativ genutzt werden können, um neue, ästhetisch anspruchsvolle und nachhaltige Mode zu schaffen.

Slow Fashion und Zero-Waste-Design
Immer mehr Designer:innen und Labels zeigen, dass Mode auch nachhaltig sein kann, indem sie Pre-Consumer Waste – also Stoffreste aus der Produktion – kreativ nutzen. Eine Pionierin auf diesem Gebiet ist Orsola de Castro, die mit ihrem Label “From Somewhere” und einer Kollaboration mit “Speedo” Stoffreste in elegante Mode verwandelte. Ihre Arbeit beweist, dass Mode aus Abfällen stilvoll sein kann. Als Mitbegründerin der Bewegung “Fashion Revolution” setzt sie sich zudem für faire Arbeitsbedingungen und Transparenz in der Modebranche ein.
Die britische Designerin Rachel Freire geht noch einen Schritt weiter: In ihrer Kollektion “Nippleocalypse” verwendete sie 3.000 Kuhzitzen aus Gerbereien. Ihre provokanten Designs zeigen, dass selbst die ungewöhnlichsten Materialien künstlerisch wertvoll sein können.
Ein weiteres Beispiel ist das indische Label “Doodlage”, das von Kriti Tula gegründet wurde. Doodlage produziert aus Stoffresten Einzelstücke, die modisch und tragbar sind. Die Kollektionen zeigen, dass Nachhaltigkeit und Alltagstauglichkeit sich nicht ausschliessen müssen.
Diese Designer:innen verdeutlichen, dass Pre-Consumer Waste eine wertvolle Ressource ist, die genutzt werden kann, um nicht nur nachhaltige, sondern auch ästhetische und innovative Mode zu schaffen.
Meine Arbeit
Für meine Kollektion habe ich mich entschieden, die vorhandenen Materialien – also die Offcuts – ohne vorgefertigte Skizzen zu verarbeiten. Jedes Kleidungsstück sollte direkt aus der Auseinandersetzung mit den Stoffresten entstehen, um deren Besonderheiten und Formen zu betonen. Dabei nutzte ich verschiedene Techniken wie Drapieren und Plissieren, um die Stoffe kreativ in Kleider zu verwandeln.
Kleid 1: Hier habe ich einen grünen, plissierten Stoff als V-Ausschnitt verwendet, der mit anderen Stoffen in komplementären Farben kombiniert wurde. Das Ergebnis war ein dynamisches Kleid mit asymmetrischen Formen.
Kleid 2: Für dieses Kleid setzte ich ausschliesslich blaue Stoffe ein und arbeitete mit Falten und Lagen, um ein Reliefmuster zu schaffen. Es entstand ein fliessendes Design, das abstrakt an Wasser erinnert.
Kleid 3: Das dritte Kleid wurde aus Jeansstoff und roten Stoffen gefertigt. Durch die Verwendung von Drähten im Oberteil entstand eine Korsett-ähnliche Struktur, die dem Kleid eine kantige, moderne Silhouette verlieh.
Jedes Kleidungsstück wurde individuell geshootet, wobei die Locations sorgfältig ausgewählt wurden, um die Farben und Formen der Kleider optimal zur Geltung zu bringen.

Fazit
Die Arbeit hat gezeigt, dass es möglich ist, aus Pre-Consumer Waste tragbare, ästhetische Mode zu schaffen. Die Kollektion ist ein Statement gegen die Verschwendung von Ressourcen in der Modeindustrie und verdeutlicht, dass nachhaltige Mode nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch machbar ist. Pre-Consumer Waste ist eine wertvolle Ressource, die es zu nutzen gilt. Sie bietet eine konkrete Lösung für die Abfallproblematik der Modebranche und kann gleichzeitig als kreativer Ausgangspunkt für einzigartiges Design dienen. Nachhaltigkeit ist nicht nur eine Notwendigkeit, sondern auch eine Chance, Mode neu zu denken.
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